Die Welt der mittelständischen Personalabteilungen ist bunt, aber eines haben die meisten gemein: sie bemühen sich darum, ihre Arbeit stärker strategisch zu fundieren und die Fachabteilungen noch besser zu unterstützen. Dieses Ringen um eine veränderte Rolle ist oft ungewohnt – sowohl für die Geschäftsführung, als auch für die Personalabteilungen selbst. Gefragt sind dabei in unserer Erfahrung weniger ausgeklügelte Forecasts und Managementsysteme, sondern vor allem ein Gespräch mit den richtigen Menschen über die richtigen Fragen in einer passenden Struktur.

Die Vorteile eines solchen Schulterschlusses liegen auf der Hand: mit einer zunehmenden Veränderungsgeschwindigkeit mittelständischer Geschäftsmodelle und -prozesse wandeln sich auch die Anforderungen an das Personal immer schneller. Um vorsorgen zu können, benötigt man vor allem Zeit, die ein geerdeter Blick in die Zukunft liefern kann. Damit tut man die richtigen Dinge mit ausreichend Vorlauf und macht sich unabhängiger vom externen Arbeitsmarkt. Eine strategische Personalarbeit kann aber noch mehr: sie ermöglicht Synergien, beispielsweise in Form übergreifender Schulungsangebote, und sorgt für Effizienz, weil man einiges beiseitelassen kann, was auf den ersten Blick sinnvoll erschien. Das Beste kommt allerdings zum Schluss unserer Aufzählung: Personalfragen wandeln sich vom oft lästigen Übel hin zu einem strategischen Steuerungsinstrument für die Unternehmensführung. Wie dies gelingen kann, möchten wir im Folgenden in Bild, mit Praxisbezug und in Form von Do´s & Don´ts erläutern.

Strategische Personalplanung 4.0 in der Übersicht

     

Ein Blick in die Praxis:

Die FEINGUSS BLANK GmbH steht ganz namenstreu für hochwertige Feingussteile, die sie beispielsweise für die Automobilindustrie und den Maschinen- und Anlagenbau produziert. Das international aufgestellte Unternehmen mit Hauptsitz in Riedlingen zählt aktuell rund 500 Köpfe. Zum kontinuierlichen Innovationsgeschehen passt ein Personalwesen, das in Bewegung ist: 39 Auszubildende und duale Studierende werden fachgerecht ausgebildet, eine BLANK Akademie sorgt dafür, dass die Mitarbeitenden auch das Wissen und die Fertigkeiten erhalten, das sie für anspruchsvolle Prozesse und unternehmerisches Denken benötigen und vieles mehr. Regelmäßig kommen neue Tätigkeiten und Anforderungen hinzu.

Im Rahmen des Projektes „Quali-Digi“ des RKW Baden-Württemberg wurde auch die bestehende Personalplanung aktualisiert. „Wie wir die Digitalisierung noch besser voranbringen können, dazu gab es bei uns im Haus auch schon eigene Überlegungen“, fasst Personalentwicklerin Ellen-Sofie Schwörer die Ausgangslage zusammen. Die strategische Personalplanung 4.0 hat aber auch in einer elaborierten Personalabteilung wie dieser frischen Wind ins Personalmanagement gebracht. Der Prozess, wie oben beschrieben, ist im Grunde kein Hexenwerk, vielmehr kann man sich mit seiner Hilfe schnell und pragmatisch die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt stellen:

  1. Zunächst einmal werden die Stellen eines Unternehmens in sogenannte Jobfamilien gegliedert. Gemeint sind damit Stellencluster, die ähnliche Jobs zugunsten von Effizienz und Übersicht zusammenfassen. Besteht eine Jobfamilienstruktur bereits, geht es um eine Revision. Können sich (nach wie vor) die Inhaber der zusammengefassten Stellen mit überschaubarem Aufwand vertreten? In mittelständischen Unternehmen finden sich selten mehr als zehn solcher Stellencluster. Typische Beispiele sind Arbeitsvorbereitung, Vertriebsinnendienst, Vertriebsaußendienst, Montage und so weiter. Bei FEINGUSS BLANK wurden die Jobfamilien vor der eigentlichen strategischen Personalplanung von der Personalabteilung vorbereitet.
  2. Anschließend wird der strategische Rahmen aufgespannt: mithilfe einfacher Tools, wie einem Geschäftsmodellcockpit, und Trendanalysen, beispielsweise in Form des Tools „Alte Welt, neue Welt“ wird eine kompakte Darstellung des geplanten Unternehmenskurses erstellt.
  3. Auf Grundlage der Zukunftsausrichtung ist eine Priorisierung der Jobfamilien möglich: Welche Jobfamilien sind wie sehr von den strategischen Zielen beeinflusst und – aufbauend darauf – welche Jobfamilien werden künftig wie wichtig für die Wettbewerbsposition des Unternehmens sein?
  4. Sobald die Jobfamilien strategisch priorisiert sind, geht es ans Eingemachte: eine Risikoanalyse für alle prioritären – also künftig besonders wichtigen Jobfamilien – gibt der Personalarbeit eine Richtung. Hier werden Ausfallrisiken ebenso einbezogen wie Beschaffungs- und Kompetenzrisiken.
  5. Da für viele mittelständische Unternehmen die Personalentwicklung aufgrund sich schnell ändernder Anforderungen ein wichtiges Handlungsfeld ist, wird das Kompetenzrisiko im Rahmen einer Kompetenzanalyse qualitativ bestimmt. Dabei kommt das EntreComp-Modell der europäischen Kommission zum Einsatz. Anforderungen an die Personalentwicklung werden ausgehend vom Allgemeinen dann so präzise bestimmt, wie es für das Unternehmen sinnvoll und pragmatisch ist.
  6. Abschließend werden Maßnahmen erarbeitet, die die analysierten Risiken bearbeiten. Dieser Schritt erfolgt zweigeteilt: zum einen erhält jede prioritäre Jobfamilie einen Steckbrief mit den wesentlichen Informationen. Zum anderen wird ein Gesamtportfolio erstellt und mit dem anschließenden Projektmanagement verheiratet: wer macht was bis wann?

„Wir waren froh, auf diesem Weg das nötige Handwerkszeug zu bekommen, um loslegen zu können. Auch von der Projektplanung und -umsetzung des ‚Quali-Digi‘ konnten wir wertvolle Rückschlüsse für zukünftige interne Anpassungen ziehen. Die Vorteile eines solchen Pilotprojekts: Man bekommt die Möglichkeit, etwas zu testen, wird zudem bei der Planung und Umsetzung unterstützt und kann zugleich eigene Erfahrungen einbringen“, fasst Ellen-Sofie Schwörer das gemeinsame Projekt zusammen. Bei BLANK war nach der strategischen Personalplanung 4.0 klar, dass Qualifizierung oben auf der Agenda der Personalabteilung steht und wie die Konturen dieser Handlungsfelds so gestaltet werden können, dass die Digitalisierung und künftige Marktbearbeitung bestmöglich unterstützt werden.

Im Detail wurde beispielsweise eine Schulung für Gießer in der hauseigenen Gießerei konfektioniert, um ein „A-Team Guss“ zu befähigen, selbständig bereichsübergreifende Kompetenzen zu entwickeln, das „Lernen besser zu lernen“, bestehende Prozesse voranzutreiben und in die Abteilungen zu multiplizieren. Dabei wurde auch der Einsatz digitaler Tools, beispielsweise in Form eines Learning Management Systems, geprüft.

Do´s & Don’ts

  • Machen Sie sich mit der Methode vertraut oder suchen eine kompetente Moderatorin oder einen kompetenten Moderator für den Prozess.
  • Klären Sie rechtzeitig das Comittment der Geschäftsleitung und der Führungskräfte für einen gemeinsamen Prozess ab. Dieses Comittment umfasst auch die Bereitschaft der Geschäftsleitung, einen strategischen Input vorzubereiten und eventuell auftretende Konflikte um Ressourcen und Prioritätensetzung vor Ort zu klären.
  • Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Jobs in Ihrem Unternehmen und versuchen Sie sich an einer Jobfamilienstruktur.
  • Bereiten Sie die Risikoanalysen möglichst vor. Dabei helfen Ihnen Altersstrukturanalysen, AU-Übersichten, Vakanzzeiten, Kompetenzübersichten und ähnliche Dokumente, die Sie idealerweise bereits vorab nach Jobfamilien strukturieren.
  • Nehmen Sie sich für den Prozess möglichst einen Workshoptag, idealerweise verteilt auf zwei halbe Tage, Zeit und laden alle Beteiligten mit einer aussagekräftigen Agenda ein.
  • Verständigen Sie sich vorab in der Personalabteilung darüber, welche Themen Sie vorantreiben möchten.
  • Versorgen Sie sich mit ausreichend und passendem Moderationsmaterial, etwa einem Flipchart, zwei Metaplanwänden und einem Moderationskoffer.
  • Halten Sie nicht an einer starren Agenda mit Zeiten fest und geben Sie Zeit zum Diskutieren, die es braucht, um zu verbindlichen Absprachen zu gelangen. Fordern Sie auch stille Führungskräfte auf, ihre Einschätzung abzugeben
  • Achten Sie während des Prozesses darauf, dass die erarbeiteten Maßnahmen zu Ihrer Ressourcenlage passen und umsetzbar sind.
  • Sorgen Sie bereits während des Workshops für eine geeignete Umsetzungs- und Reportingstruktur, beispielsweise, indem ein Treffen des Führungskreises pro Quartal über die strategische Personalarbeit berichtet wird.
  • Rechnen Sie damit, dass aus diesem verbindlichen Rahmen Festlegungen folgen, die Handlungsspielräume für spontane anlassbezogene Tätigkeiten reduzieren.
Bildquellen und Copyright-Hinweise
  • © Feinguss Blank GmbH / Sonstige/Kommerziell – Feinguss Blank (1199_-_a-1199-Schwörer__Ellen-845-__ingorack.com_.jpg)
  • © Daniel Jennewein / RKW Kompetenzzentrum – Grafik (STRPERS_Chart.jpg)

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Ramona Tauchen Führung und Personal

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