Dottore Massimo Dal Bosco und seine Partner begleiten mittelständische Unternehmen auf ihrem Weg zur nachhaltigen Profitabilität. Der Gründer und Managing Director der Sustain-Ability GmbH und Fachberater des RKW BW betont: Unternehmen, die gleichzeitig profitabel und umweltfreundlich sind und auf die Gesellschaft Rücksicht nehmen, sind erfolgreicher als Wettbewerber. Sein Hebel ist das Denken in Kreislaufwirtschaft-Geschäftsmodellen und die Fokussierung auf das operative WIE anstatt das deskriptive WAS – Massimo Dal Bosco arbeitet in mittelständischen Unternehmen mit den Teams von unten nach oben.

RATIO kompakt: Was verstehen Sie unter Sustainability bzw. Nachhaltigkeit?

Massimo Dal Bosco: Wir verwenden die Definition von Nachhaltigkeit aus dem Oxford-Wörterbuch: Darin wird Sustainability als die Fähigkeit beschrieben, „auf einem bestimmten Niveau gehalten zu werden, aufrechterhalten oder verteidigt werden zu können“. Im Wesentlichen geht es uns um die Fähigkeit eines Unternehmens, im Laufe der Zeit nachhaltig erfolgreich auf dem Markt zu bestehen und Gewinne zu erzielen. Dabei ist der ökologische Fußabdruck eines der drei Kernelemente eines nachhaltigen Geschäfts: Gewinn, Gesellschaft, Umwelt. Wichtig ist: Es kann nicht nur um den ökologischen Fußabdruck gehen. Sie können nur Gutes tun, wenn es Ihnen gut geht. Ich gebe Ihnen ein einfaches Beispiel: Wenn ein Unternehmen Bäume pflanzt, dann ist solch eine PR-Aktivität nicht nur gut für das Image, sondern sie wirkt auch nachhaltig, weil Bäume pflanzen wohltätig und gut für die Umwelt ist. Aber damit ist dieses Unternehmen noch weit davon entfernt, als Unternehmen nachhaltig profitabel zu sein. Das eine geht aber nicht ohne das andere. Die Frage ist daher: Wie können wir profitabel sein, gleichzeitig umweltfreundlich und eine positive Auswirkung auf unsere Gesellschaft haben? Unternehmen, die diese Elemente proaktiv erfolgreich umsetzen, sind erfolgreicher als ihre Wettbewerber. Sie erzielen höhere Renditen, es ist sicherer, mit ihnen zu arbeiten oder in diese zu investieren. Es gibt viele Datenreihen, die dies bestätigen. Dies ist eine Tatsache - keine Meinung.

Unternehmen verfolgen ihren Geschäftszweck und müssen profitabel arbeiten, um am Markt bestehen zu können. Da bleibt doch kein Platz für nachhaltiges Wirtschaften, vor allem im globalen Wettbewerb mit ungleichen Bedingungen bei Öko- und Sozialstandards, oder?

Dies gilt, wenn Sie Markt, Kunden, Technologie und regulatorisches Umfeld als fest betrachten und versuchen, Ihr Stück des gleichen alten Kuchens zu verteidigen. Wenn ich die Perspektive eines Unternehmens einnehme, gehe ich regelmäßig von folgender Fragestellung aus: Was verkaufe ich an wen, und warum kauft der Kunde bei mir? Wenn Sie davon ausgehen, dass der Markt stabil und langlebig ist und sich nur langsam ändert, dann stimmt Ihre Annahme. Doch sind die Marktverhältnisse wirklich so? Erinnern Sie sich, was die Experten sagten, als der Tesla herauskam und alles in Bezug auf strategisches Marketing falsch gemacht hatte? Und heute baut Tesla eine Fabrik in Brandenburg. Was sagten die Experten, als Apple das erste iPhone vorstellte? Wie war die Meinung der Analysten, als Caterpillar seinen Geschäftsbereich Cat ReMan gegründet hat? Diese Experten wurden eines Besseren belehrt. 

Wenn wir Unternehmen auf Ihrem Weg in die Nachhaltigkeit beraten, dann stellen wir Fragen, zum Beispiel: Wie würde sich die Liefer- und Wertschöpfungskette vieler Produkte ändern, wenn die Europäische Union einen CO2-Preis von 60,- Euro/Tonne auf alles einführen würde - und ich denke, dies sollte und wird bald passieren? Wäre es besser oder schlechter, effizient, umweltfreundlich und in Westeuropa ansässig zu sein? Sollten Unternehmen dagegen ankämpfen oder – wie es z.B. VW zuletzt tut - sogar solch eine Bepreisung fordern und sich rechtzeitig darauf einstellen? Würde dies die Größe des Kuchens verändern oder wäre der Kuchen ein ganz anderer? Wenn Sie nachhaltig erfolgreich und profitabel sein möchten und das Risiko Ihres aktuellen Geschäftsmodells reduzieren wollen, ist der Übergang zu einem Kreislaufwirtschaftsmodell ein Vorteil und kein Kostennachteil. Warten Sie bitte auf keinen Fall ab, was passiert, um ein Compliance-Problem daraus zu machen - es wäre schon zu spät.

Sie sind als Unternehmensberater und Vorstandmitglied tätig und bringen die Idee der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft in die Unternehmen. Was ist Ihr Ansatz, wie gehen Sie vor?

Die Kurzfassung lautet: Wir arbeiten von unten nach oben im Team mit den Mitarbeitern des Unternehmens und beziehen alle Schlüsselfunktionen in der Wertschöpfungskette ein. Wir betreiben weniger Aufwand bei der Beschreibung des „Was“ und mehr Aufwand, um das „Wie“ zu erarbeiten. Der Erfolgsanteil der Implementierung ist signifikant höher, da es sich um die firmeneigene Veränderung handelt, die vom eigenen Team ausgearbeitet und nicht von oben nach unten auf der Grundlage eines Powerpoint-Decks vorgeschrieben wird. Es gibt Hunderte von Beratungsunternehmen verschiedenster Art, die Nachhaltigkeit als die nächste große Sache entdecken und hierfür werben. Was Unternehmen in der Regel erhalten, ist eine mehr oder weniger ausgefeilte Analyse und Beschreibung dessen, was Sie tun müssen, um nachhaltig profitabel zu werden. Die Implementierungsquote ist in der Regel miserabel, weil die Organisation sich häufig Änderungen widersetzt und zudem Frustration erzeugt wird. Sie können Organisationen keine Veränderung vorschreiben. Nur das „Wie“ am „Was“ treibt den Wandel an, lässt ihn von Organisationen akzeptiert und angenommen werden. Und das “Was“, die strategische Sichtweise, muss in immer kürzeren Zyklen angepasst werden. Wir arbeiten im Team, um die strategische Perspektive - beginnend mit den äußeren Veränderungen, die sich auf das Geschäft auswirken - aus Szenarien zu entwickeln, um schnell die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens zu skizzieren. Das Zielbild beantwortet diese Kernfrage: Was verkaufen Sie an wen, und warum sollten Kunden bei Ihnen kaufen? Dies ist Grundlage für den Hauptteil der Arbeit, um die Wertschöpfungskette des Unternehmens durchzulaufen und sowohl den zukünftigen Zustand als auch die dafür erforderlichen Projekte zu definieren. Dabei wird häufig die strategische Sichtweise präzisiert, angepasst und manchmal verändert, so dass Wandel und Entwicklung eher zu Verbesserungsschleifen als zu Big-Bang-Projekten werden. Wir übernehmen Prinzipien aus Lean Management, das per Definition nach Reduzierung aller Art von Verschwendung strebt, und setzen Kernelemente der Kreislaufwirtschaft operativ gemäß der Grunddefinition der Ellen MacArthur Stiftung um: Danach bedeutet Circular Economy: „Design out waste and pollution, keep products and materials in use and regenerate natural systems”. (Quelle: Ellen MacArthur Foundation

Wie sehen Sie die aktuelle Position der Unternehmen in Deutschland hinsichtlich des Übergangs zur Kreislaufwirtschaft?

Im Allgemeinen ist man zurückhaltend, und es wird viel abgewartet, da der Wandel immer noch als Bedrohung bzw. Wettbewerbsnachteil, als Frage der caritativen Verantwortung oder einfach als Compliance-Problem wahrgenommen wird. Gleichzeitig neigen die meisten Unternehmen dazu, die bevorstehenden Veränderungen als rein technologische Herausforderung zu betrachten. "Geben Sie uns die Technologie, um CO2 zu reduzieren oder zu kompensieren, damit wir wie gewohnt arbeiten können." Sie neigen dazu zu vergessen, dass Geschäftsmodelle derzeit disrupted werden und die entsprechenden operativen Modelle nicht einfach unverändert bleiben können. Nach dem ersten Lockdown haben wir mehr als 200 Unternehmen in Deutschland einige Fragen gestellt, um zu verstehen, wie ausgeprägt ihr Bewusstsein davon war, warum ein Wandel erforderlich ist und wie Änderungen umgesetzt werden sollten. Die Ergebnisse waren ernüchternd. Nur jedes zweite Unternehmen versteht, warum eine Transformation in Richtung Kreislauf-wirtschaft erforderlich ist und was die Schlüsselelemente dafür sind. Etwa derselbe Anteil weiß, wie Kreislaufwirtschaft operativ in die Praxis umgesetzt werden kann. Rund 60 Prozent arbeiten immerhin lieber von unten nach oben und entwickeln lieber Lösungen im Team als Powerpoint-Folien ohne Implementierungschancen zu erhalten. Es gibt also noch viel zu tun. 

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