Zum Autor dieses Beitrags:
Dr. Georg Kraus ist Managementberater zu den Themen Strategie, Change- und Projektmanagement und Autor zu seinen und angrenzenden Themen. Mit dem RKW Baden-Württemberg verbindet Dr. Georg Kraus eine langjährige Zusammenarbeit bei Beratung und Weiterbildung – unter anderem moderiert er den RKW BW-Arbeitskreis Unternehmensführung.

Bald wird alles leichter - oder auch nicht

“Wir müssen nur abwarten, bis die Situation rund um Corona sich gelegt hat und dann können wir uns wieder in normales Fahrwasser begeben.” So oder so ähnlich bekomme ich es immer wieder von Führungskräften zu hören - und ich glaube immer weniger daran. Wir leben in einer Zeit, in der große und wichtige Veränderungen nicht aufhören werden, sondern mit einer immer schnelleren Taktung auf uns zukommen. So wird auch die Zeit nach Corona eine Zeit mit vielen Veränderungen und Transformationen sein. Wer diesen fundamentalen Veränderungen keine Aufmerksamkeit schenkt, wird keine Überlebenschancen auf dem Markt haben.

Das Kratzen an der Oberfläche reicht nicht aus

Der Aufgabenbereich einer Führungskraft inkludiert das Managen aller möglichen Veränderungen. Leider erlebe ich noch zu häufig, dass sich lediglich mit kurzfristigen und offensichtlichen Veränderungen beschäftigt wird, statt Lösungsansätze auf existenzielle Fragen zu erarbeiten. So wird fallender Umsatz mit Kostensenkung beantwortet, der neue Wettbewerber wird durch ein neues Produkt ausgestochen und gegen den Lockdown wird die Kurzarbeit eingeführt. Es werden also typische Probleme des Unternehmeralltags mit direkten Maßnahmen gelöst. Das ist wichtig, reicht aber nicht mehr aus, um auf lange Sicht als Unternehmen relevant zu bleiben. Wer langfristig am Markt bleiben möchte, muss sich auch fundamentaleren Fragen stellen. Welchen Weg schlagen wir als Gesellschaft ein?  Was passiert gerade in der Wirtschaft? Welche grundlegenden Umbrüche stehen an? Und wie möchte ich mich substanziell mit diesen Umbrüchen auseinandersetzen? Ist mein Geschäftsmodell in ein paar Jahren noch tragbar oder reite ich gerade schon ein totes Pferd? Die Beschäftigung mit diesen fundamentalen Erkenntnisfragen führen dann logischerweise zu fundamentaleren strategischen Fragen, über die Ausrichtung der Organisation und haben dadurch einen viel tieferen Wandel und eine viel tiefere Transformation der Firma als Konsequenz. 

Wo liegt der Hund begraben?

Nun stellt sich die Frage, warum so viele Führungskräfte diese überlebenswichtigen Fragen ausblenden. Vielleicht weil ihnen die Fantasie fehlt, was sie machen könnten oder weil sie Angst haben, sich wirklich mit dem Thema auseinanderzusetzen? Oder man ist so beschäftigt damit den Alltag zu managen, dass diese fundamentalen Fragen zu kurz kommen? Was es auch immer sein mag, die Konsequenz ist, dass sich zu wenige Unternehmen im Kern hinterfragen.  So redet zwar jeder über Digitalisierung, jedoch kann ich an einer Hand abzählen, welche Unternehmen sich wirklich mit der fundamentalen Transformation ihres Geschäftsmodells zum Thema Digitalisierung beschäftigen. Dasselbe gilt für Nachhaltigkeit und vielen weiteren Themen.

Glaub nicht immer was du denkst!

Wir sind alle Sklaven unseres Geschäftsmodells und des Erfolgs der Vergangenheit. Das prägt unseren Blick auf unser Unternehmen. In einer gewissen Weise sind wir dadurch auch anfällig für die bekannte “Betriebsblindheit” (die ja bekannter weise immer nur die anderen haben, selbst natürlich nie). Von Albert Einstein stammt wohl folgendes Zitat: „Es ist verrückt, die Dinge immer gleich zu machen und dabei auf andere Ergebnisse zu hoffen.“

Unternehmer in einer dynamischen, sich verändernden Welt müssen aber aus dieser Denkfalle ausbrechen. Meine Erfahrung ist, dass dies allein fast unmöglich ist. In den letzten 2 Jahren habe ich verstärkt festgestellt, wie wichtig es ist sich regelmäßig mit Menschen außerhalb der eigenen Organisation zusammenzusetzen und die eigenen Denkansätze kritisch zu hinterfragen. Eigentlich ist das die typische Rolle eines guten Beirats oder Strategiecoaches. Leider mutieren diese oft zu reinen Budgetbesprechungen und Statusreports. Fragen wie folgende werden leider viel zu selten kontrovers diskutiert:

  • Wenn du meine Firma übernehmen würdest, was würdest du anders machen?”
  • Was machen wir falsch?
  • Wo blockieren wir uns selbst?
  • Wenn sich welcher Trend verstärkt, kommen wir in Schwierigkeiten?
  • Wo können wir nicht loslassen?
  • Wo sind wir nicht mutig genug?
  • Welche blinden Flecken haben wir?
  • Wenn wir wieder von 0 anfangen könnten, was würden wir jetzt machen?
  • Wenn wir x% unseres Umsatzes mit neuen Produkten machen wollen, was muss ich ändern, um dies sicherzustellen?
  • und und und…

Gönnen Sie sich diese Nachdenk-Zeiten. Vielleicht kommt nicht beim ersten Mal die zündende Idee. Wenn Sie das aber regelmäßig machen, erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, die richtigen Kurskorrekturen vorzunehmen.

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