Cornelius Schelling hat im März 2020 dasselbe erlebt wie viele Unternehmer: Mit dem Lockdown kamen Anrufe, E-Mails – eine Vollbremsung: „Innerhalb von fünf Tagen war das nächste halbe Jahr abgesagt.“ Niemand brauchte mehr jene kultigen Fahrzeuge, mit denen sein Team zuvor deutschlandweit unterwegs war und auf Events fairen Kaffee anbot. Keine Hochzeiten, keine Modeschauen. Was tun? Schelling ist ein Mensch mit vielen guten Ideen – und er suchte sich gezielt Hilfe: Über das RKW Baden-Württemberg nutzte er die vom Land finanzierte „Corona-Beratung“. RKW BW-Fachberater Ahmet Papila half, Weichen zu stellen, den Businessplan und die Finanzierung für eine nachhaltige Kaffeerösterei zu perfektionieren. Heute liegt die COFY GbR überm Plan.

Einen Online-Shop für fairen Kaffee hatte Cornelius Schelling schon im Herbst 2019 gestartet. Damals nur klein und nebenbei, denn das Kerngeschäft lief gut: Seine vier Fahrzeuge, Old- und Youngtimer, wurden für Events rege gebucht. Sie waren „visuelle und gustatorische Highlights“, wie das Fachmagazin „Crema“ damals lobend schrieb. Auf Instagram hatten Schelling und sein 2016 gestarteter erster Cafébus bereits viele tausend Follower gesammelt. Hinzu kam ab 2018 ein Café in Eningen unter Achalm. „Für 2020 hatten wir volle Auftragsbücher“, erinnert er sich. Bis die Pandemie kam und alles stoppte. Ihm wurde schnell klar: Das Online-Standbein gilt es jetzt auszubauen. „Ich bin kein Mensch, der jammert oder sagt, es gibt keine Möglichkeit“, sagt Cornelius Schelling. Sein Motto ist: „Better things ahead!“

Die Bauern und ihre Felder kennen

Zufällig hatte Schelling da ganz frisch seine Ausbildung zum Kaffee-Sommelier abgeschlossen. Und ebenso zufällig kam er nur Tage vor dem ersten Lockdown von einer langen Südamerika-Reise zurück, auf der er sehr viele persönliche Kontakte geknüpft, Kaffeebauern und deren Produkte in verschiedenen Ländern kennengelernt hatte. Nach und nach ergaben diese Puzzleteile ein neues Bild. Eine nachhaltige Kaffeerösterei nahm in Gedanken langsam Gestalt an. Ebenso auch eine neue Unternehmensform: eine GbR mit einem Freund, der mit einsteigen wollte.

Ethisch und nachhaltig

Das neue Konzept: Warum nicht selbst Kaffee importieren? Zu fairen Preisen direkt von Bauern, die man persönlich kennt? Die dadurch gut leben und arbeiten können? Dann diesen Kaffee selbst rösten, handwerklich und hochwertig? Ihn direkt vertreiben, Stichwort Direct Trade? Bei all dem stets nachhaltig und ethisch agieren, CO2-freier Import, CO2-freie Verpackung? Und nach dem Kaffee-Verkauf einen festen Anteil spenden? „Menschen was Gutes tun und der Umwelt, das treibt mich an“, sagt Schelling. Bei seiner ersten Begegnung mit dem RKW BW-Fachberater Ahmet Papila im Herbst 2020 hatte er gleich das Gefühl: Der versteht genau das, der trägt das mit. „Da war von Stunde eins an eine große Sympathie für unsere Idee spürbar.“

Sympathie – und zugleich die gewünschte Fachkompetenz. „Wir hatten einige Hürden zu nehmen“, erinnert sich Schelling. Die Gründer waren zuvor von einer Bank ungut beraten worden. Ahmet Papila half den jungen Unternehmern erst mal aus dieser Misere. „Dann haben wir gemeinsam einen Businessplan gemacht, das Geschäftsmodell geschärft und die Grundsteine für unser neues Unternehmen COFY gelegt“, berichtet Schelling. Ahmet Papila machte den Bankkontakt und begleitete die Kaffee-Unternehmer in die Verhandlungen, bis alles nach Wunsch gelöst war.

Finanzieren, starten, liquide bleiben

„Was eine Bank braucht und erwartet, das trägt man als Berater bei“, sagt Papila. Es funktionierte gleich mit der ersten Bank, mit der sie verhandelten – der neuen Hausbank. Deren Angebot war noch entgegenkommender als das der ursprünglich angedachten L-Bank. „Das lief aalglatt durch“, sagt Papila. „Das Konzept war so gut kommuniziert und die Darlegung so schlüssig, dass es von der Bank keine Fragen gab.“ Das Ganze habe nur eine Woche gedauert.

Cornelius Schelling sagt es so: „Speziell die Finanzierung wäre ohne Herrn Papila niemals so gekommen. Ich bin ja gelernter Erzieher, zwar seit fünf Jahren Unternehmer – aber mit BWL habe ich insgesamt nicht so viel am Hut. Da war es sehr wichtig, fachmännischen Rat zu haben. Jemanden, der auch beim Umsetzen des Businessplans hilft und uns dabei unterstützt, liquide zu bleiben. In diesem Bereich hätten wir sonst einige Defizite gehabt.“ Der Experte sorgte für strategische Finanzierung: Wie kommt man optimiert mit bestmöglicher Liquidität ans Ziel? Er plante die Deckungsbeiträge so, dass das junge Unternehmen gut leben und parallel auch die Finanzierung gut abtragen kann.

Kaffee mit viel Vorlauf

Gleich zum Start war viel Kapital nötig. Denn die Zusammenarbeit von COFY mit den Kaffeebauern hat Besonderheiten: sehr, sehr viel Vorlauf und einen ebenso hohen Bedarf an Vorfinanzierung. Um sich vom Großhandel abzukoppeln, kauft man dem Bauern seine Kaffee-Jahresernte schon Monate vor der Ernte ab. Dann wird geerntet, importiert, eingelagert und ein Jahr lang nach und nach geröstet. Erst dann fließen Einkünfte. „Man muss also mindestens ein Jahr vorfinanzieren, und das Lager wälzt sich deutlich langsamer um als in vielen anderen Branchen“, fasst Papila zusammen.

Was durch Corona wegbrach und bis heute noch fehlt: der Umsatz, den Cornelius Schelling eigentlich mit Gastronomie machen will. Es gäbe rege Nachfrage nach seinem Kaffee und noch mehr Zusagen für die Zeit, in der die Menschen wieder in Cafés sitzen dürfen. Dass man mit diesem Kaffee eine Geschichte verkaufen kann, spricht immer mehr Menschen an: Ein fester Teil des Kaffee-Umsatzes von COFY geht nach Äthiopien. Dort wird Schulgeld für Kinder finanziert: „Für jedes verkaufte Kilogramm COFY können wir zwei Kindern einen Monat Schule schenken“, Schelling arbeitet hierfür mit dem Kinderhilfswerk Childfund Deutschland zusammen. „Kaffee trinken, Schule schenken“, heißt es bei COFY. Eine weitere Facette, um sich von billigem Massenkonsum abzusetzen.

Pläne fürs Wachstum

Während der B2B-Sektor wegen der Pandemie noch schwächelt, läuft das B2C-Geschäft umso besser. Dort wurden bereits Ergebnisse erreicht, die fürs Frühjahr 2022 geplant waren. Die Rösterei in Herrenberg ist fertig ausgebaut, seit einigen Wochen wird dort geröstet. Und der Online-Shop soll Nutzern Spaß machen: Dort wird jede Röstung wird von einem anderen Menschen aus Familie und Freundeskreis der Gründer persönlich vorgestellt. Bald soll skaliert werden – COFY will vor allem Firmen ansprechen und mit dem Kaffee ausstatten. Weitere Gastro-Partner oder Bäckereiketten will das Team ebenfalls gewinnen.

„Die Zahlen sehen bereits toll aus“, bilanziert Schelling. „Aber wenn ich zurückschaue auf die Beratung, ist die menschliche Komponente das, was wirklich herausragt. Ich kenne viele Berater, selten hat uns jemand so nach vorn gebracht.“ Als ein Mensch, der alles positiv sieht, sagt er heute über die Pandemie: „Wir haben die Chance, gestärkt daraus hervorzugehen.“
 

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