ifm fertigt Sensoren, Steuerungen und Systeme für die industrielle Automatisierung. Dabei sind im Lauf der Zeit immer mehr Varianten entstanden, der Veränderungsdruck für das weltweit agierende Unternehmen ist hoch. Zuletzt zählte man über 14000 Produkte, teils Katalogware, teils individuelle Kundenlösungen. Damit die Wertschöpfungskette dennoch möglichst optimal organisiert ist, hat das Unternehmen sich seit 2018 schrittweise selbst optimiert. Immer wieder im guten Austausch mit dem RKW Baden-Württemberg: Fertigungsleiter Bernd Hausler gehört zum Arbeitskreis Fertigungsorganisation des RKW BW, wo sich erfahrene Praktiker stetig treffen, netzwerken und von Impulsen externer Referenten profitieren.

Im Sommer 2021 schauten sich die Mitglieder des RKW BW-Arbeitskreises Fertigungsorganisation selbst einmal an, was ifm in den Jahren des Optimierens erreicht hat: Der Arbeitskreis besuchte das Unternehmen an seinem Standort in Tettnang und ließ sich durch die Fertigung führen. Tettnang ist das Leitwerk der ifm-Unternehmensgruppe. Weitere Werke liegen über Deutschland und Europa verteilt sowie in Nordamerika, Asien und Osteuropa. Die 1971 gegründete Unternehmensgruppe erwirtschaftet einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro. Es sind 7300 Beschäftigte, davon 700 in Tettnang.

Fünf Jahre für sehr viel Veränderung

Fertigungsleiter Bernd Hausler führte seine Gäste und zeichnete unterwegs noch einmal die Entwicklung nach, die das Unternehmen seit 2018 genommen hat. Die Zielvorgaben, mit denen man 2018 startete, waren klar definiert: Vom Wareneingang bis zum Warenausgang sollte über die gesamte Wertschöpfungskette ein geschlossener Material- und Informationsfluss möglich sein. Auf diese Weise wollte man bei ifm die wertschöpfenden Prozesse steigern sowie Verschwendungen minimieren, wie es sie beispielsweise beim Laufen und Suchen, bei zu hohen Beständen, Doppelerfassung von Daten oder Medienbrüchen bei Daten geben kann. „Wir haben uns gewisser maßen neu erfunden – und das in einem recht kurzen Zeitraum von knapp fünf Jahren.“

Ganz bei Null musste man 2018 nicht starten, erklärte Hausler. Schon zuvor waren diverse Lean-Aktivitäten eingeführt worden, darunter 5S, Standardisierung, schnelles Rüsten und die Ver-besserung der Maschinenverfügbarkeit. Nach 2018 entstanden teil-automatisierte und hybride U-Linien. Hinzu kam ein Shopfloor-Management. Auch ein FPY-Focus und ein digitales Werkerassistenzsystem wurden installiert. So hatte man eine gute technische Basis geschaffen für weitere Digitalisierungsschritte.

Eine selbst entwickelte Middleware als Herzstück

Mit der Digitalisierung der Produktion ging es auch weiter: Eine Middleware mit Storage Management wurde eingeführt. Sie kann alle Geschäftsprozesse und alle Technologien steuern und auf diesem Weg auch die Ressourcen. Ein sehr umfassendes System also: Zu- und Abbuchungen sowie Auftragsfreigaben von Fertigungsaufträgen sind ebenso eingebunden wie sämtliche Hard- und Software, die Maschinen, Mitarbeiter, Arbeitsgangkataloge und Arbeitsgänge. Das geht deutlich weiter als ein ERP-System. Deswegen brauchte man auch eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen IT, ERP-Datenmanagement und Produktion. Von den Materialentnahmen über Arbeitsgänge und Fehlermeldungen wird nun alles in Echtzeit per Storage Management verwaltet. ifm hat hierfür eine eigene Lösung entwickelt, eine hauseigene Middleware. Sie ist mit dem SAP über Schnittstellen verbunden und integriert auch Maschinen- und Liniendaten.

2020 hat ifm in einem anderen Werksteil eine Digital Factory errichtet. Die Gäste vom AK Fertigungsorganisation des RKW BW lernten auch dessen Strukturen und Besonderheiten kennen. Ein preisgekröntes Projekt: Das Werk in Tettnang hat 2020 den Titel „Fabrik des Jahres‘‘ gewonnen, den die Fachzeitschrift „Produktion“ auslobt. Das gilt in Fachkreisen durchaus als Ritterschlag, zumal der Preis in der Vergangenheit oft an ganz große Player ging.

Kostenfragen und Maschinenverfügbarkeit

Ein Kernpunkt, der beim Besuch des RKW BW immer wieder angesprochen wurde: OEE, die Overall Equipment Effectiveness, als Kennziffer für Maschinenverfügbarkeit. Das Thema wird umso wichtiger, wenn eine Fabrik hochautomatisiert ist – denn dann ist sie auch sehr kapitalintensiv und hat hohe Maschinenstundensätze. Konsequenterweise hat man bei ifm die zustandsbezogene QEE zur Key-Performance Zahl gemacht. Im Bereich der Katalogware gibt es viele Mitbewerber aus Asien, so dass europäische Hersteller mit ihren höheren Lohnkosten umso mehr digitale Transformation brauchen – oder aber Werke in Länder mit niedrigeren Kosten verlagern. Bei ifm ist man beide Wege zugleich gegangen. Das neue Leitwerk zeigt, dass auch hierzulande kostengünstige Fertigung noch möglich ist. Parallel ist ein Werk in Rumänien gebaut worden.

Teambuilding mit Ponys und Pferden

Was man bei ifm sehr wichtig nahm: dass die Beschäftigten die Veränderungen mit tragen und mit voranbringen. Bernd Hausler war mit seinem Team daher eigens auf einem Pferdehof: Dort haben alle gemeinsam Teambuilding mit Ponys und Pferden trainiert. Es galt, unwillige Vierbeiner rückwärts über raschelnde Plastikplanen zu bugsieren. Bei den Ponys konnte man im Zweifel noch mit Muskelkraft nachhelfen, bei den Pferden wurde es schwieriger. Es zeigte sich: Entscheidend ist, wie überzeugt der Mensch von dem war, was er erreichen wollte – dann ließ sich das Pferd auch führen. Eine Lektion speziell für die Führungskräfte: Sind sie überzeugt von den Veränderungen, haben sie verstanden und ziehen mit, dann wirkt sich das auch auf die Beschäftigten spürbar aus.

 

Weitere Informationen

  • ifm electronic gmbh
  • 88069 Tettnang
  • www.ifm.de
  • Ansprechpartnerin beim RKW BW: Claudia Kuhardt, kuhardt(at)rkw-bw.de
  • Schwerpunkt der Zusammenarbeit: Arbeitskreis Fertigungsorganisation

Arbeitskreis Fertigungsorganisation

Der Arbeitskreis Fertigungsorganisation unterstützt kleine und mittlere Unternehmen dabei, Produktivitätspotenziale zu entdecken. Beispiele und Praxisbesuche veranschaulichen, wie diese Potenziale genutzt werden können. Möchten Sie sich unverbindlich informieren? Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.

RKW Arbeitskreis Fertigungsorganisation 2021

Dr. Verena Krauer Prokuristin, Personal- und Organisationsentwicklung

0711 22998-37
Dr. Verena Krauer