Das RKW Baden-Württemberg hat seit 1. Juli einen neuen Geschäftsführer: Jan Sibold. Neben seinem Einsatz für den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) hat sich Jan Sibold maßgeblich um den Bereich Lean-Transformation im Mittelstand bei der Staufen.AG gekümmert und bringt so Expertise aus der Beratungswelt und aus der Industrie zusammen. Im Interview mit RATIO KOMPAKT, dem Newsletter des RKW BW, erläutert Jan Sibold die Rolle des RKW BW als Sparringspartner für den Mittelstand.
RATIO KOMPAKT: Herr Sibold, das RKW BW will Sparringspartner für den Mittelstand sein. Was darf man sich darunter vorstellen?
Beratung für den Mittelstand ist absolute Vertrauenssache. Das RKW BW ist anerkannt bei den Unternehmerinnen und Unternehmern im Land - und zwar bei allen Problemstellungen, die diese im Alltag haben, seien sie noch so unterschiedlich. Die Seriosität des RKW ist nachgerade sprichwörtlich, und in allen relevanten Fragestellungen wird ihm große Kompetenz zugesprochen. 2.200 Beratungen in über 1.000 Unternehmen sprechen da eine deutliche Sprache: pro Jahr! Da ist Vertrauen der entscheidende Faktor. Ein Sparringspartner ist aber auch einer, der Impulse gibt. Wir wollen eben nicht nur Bestehendes optimieren, sondern auch Trends übersetzen in mittelstandsrelevante Angebote. Die Welt dreht sich rasend schnell weiter - wir müssen da blitzwach sein. Und bleiben!
Und was ist heute das Besondere am RKW BW, das die professionelle Beratung seinerzeit in den Markt eingeführt hat?
Ich glaube, zum einen ist es das ganz spezielle Verständnis für den Mittelstand, das wir beim RKW über viele Jahre hinweg aufgebaut haben. Zweitens haben wir ein einzigartiges Netzwerk: Banken, Ministerien, Forschungs-Institute und natürlich das Netzwerk der Unternehmen untereinander im RKW BW e.V. Darüber hinaus haben wir Fachberater mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten, sehr vielfältiger Expertise und über ganz Baden-Württemberg verteilt. Damit sind wir in allen Regionen präsent. Die Ganzheitlichkeit der Beratung ist das dritte Alleinstellungsmerkmal. Von der Unternehmensübergabe über die Finanzierung und Qualifizierung bis hin zu Marketing und Vertrieb können wir alle relevanten Themengebiete voll umfänglich abdecken. Das kann eine private Beratung einfach nicht abbilden. Entscheidend ist am Ende immer die Qualität der Berater, und dafür stehen wir. Wir wählen unsere Berater sorgfältig aus und qualifizieren sie permament weiter. Wir als RKW sind immer der Vertragspartner - und damit haben wir ein vitales Interesse daran, dass die Qualität hundertprozentig stimmt.
Umsetzung "on the Job" und mit einem integrativen Ansatz: Was verstehen Sie darunter?
Der Ansatz ist, dass wir die drei Welten Beratung, Training und Coaching zusammenbringen. Und: Für die Unternehmen entwickeln wir das Konzept jeweils ganz individuell. Wir haben festgestellt, dass der bloße Besuch ein Seminars oft noch nicht effektiv ist, beispielsweise bei einer Führungskräfteschulung. Man kann vielleicht fünf Prozent des Gelernten wirklich sofort umsetzen. Sobald man das aber verbindet mit einem Verbesserungsprojekt und mit einem Coaching, werden viel bessere Ergebnisse erzielt: Die Führungsleistung wird beobachtet und man bekommt Feedback, mit dem man sich weiterentwickeln kann. Das ist deutlich erfolgversprechender als Projekte und Weiterbildung zu trennen.
Es gibt Megatrends, die die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln setzen. Welche sind dies?
Für den Mittelstand relevant sind vor allem Ressourcenknappheit und der demografische Wandel, neue Technologien und innovative Geschäftsmodelle, Globalisierung und Digitalisierung sowie Komplexität: Kundenwünsche werden immer individueller.
Das RKW BW hat fünf Lösungsansätze entwickelt, wie man diese Megatrends wirksam und produktiv integrieren kann - allen voran die Digitalisierung. Worauf achten Sie hier besonders?
Bei der Digitalisierung gibt es verschiedene Dimensionen. Die Unternehmen müssen für sich identifizeren, was das für sie und ihr Geschäftsmodell bedeutet, für ihre Produkte und für ihre Prozesse. Uns ist es wichtig, die Unternehmen zu begleiten und qualifizierte Berater für alle Dimensionen zu bieten. Vom Social-Media-Experten oder dem Experten für Geschäftsmodellentwicklung bis hin zur Fachfrau für die Entwicklung digitaler Produkte und Services.
Auch den Geschäftsprozessen gilt Ihre Aufmerksamkeit. Warum?
Das Kernthema des RKW seit 1921. Produktivitätssteigerung steht also schon lange auf unseren Fahnen. Geschäftsprozesse müssen schnell, transparent und effizient sein. Im Mittelpunkt muss immer der Kundennutzen stehen. Das gilt für die Produktion ebenso wie für die indirekten Bereiche. Das ist dann die Grundlage dafür, zu digitalisieren und zu automatisieren. Was dadurch auf wundersame Weise entsteht: mehr Zeit für den Kunden.
Agile Führung und agile Teams sind neue Modelle der Führung - erfolgversprechend?
Agil sein bedeutet, dass man seinen Führungsstil flexibel an veränderte Situationen anpassen kann. Und vor allem, dass man eben nicht mehr den klassischen Top-Down-Ansatz fährt: "Chef sagt's, Mitarbeiter macht's". Es geht hin zu einer teamorientierten Führung, bei der sich Mitarbeiter entwickeln können und Entscheidungskompetenzen erlangen. Die Prinzipien: Verantwortung abgeben und die Mitarbeiter unterstützend begleiten; sie selbst Einsichten gewinnen lassen nach dem Mentor-Mentee- Prinzip. Das Verblüffende ist: Wenn Mitarbeiter selber entscheiden, werden Unternehmen schneller, besser und wandlungsfähiger. Denn so werden die Mitarbeiter selbst zu Unternehmern. Das hilft übrigens auch im Spannungsfeld zwischen jungen und älteren Mitarbeitern mit ihren ganz unterschiedlichen Wertvorstellungen. Der Führungsstil prägt die Unternehmenskultur, und diese wird zukünftig ein ganz entscheidender Wettbewerbsvorteil sein im Kampf um Fachkräfte.
Last but not least geht es ums Finanz-Management in KMU und darum, die gewachsene Struktur des Mittelstands zu bewahren. Wie wollen Sie das erreichen?
Drei Themenfelder sind da vorrangig: erstens die Unternehmensnachfolge, Begleitung des Generationenwechsels und die Qualifizierung der Nachfolger; zweitens die Existenzgründer, von denen wir schon heute etwa 1000 jedes Jahr begleiten - von der Finanzierung über die Businessplanentwicklung bis hin zum Marketing; und drittens: Künftig wollen wir Start-ups und KMU-Welten viel intensiver zusammenführen und miteinander vernetzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass beide ganz viel voneinander lernen können. Die vielen Hidden Champions: Sie stehen bei uns im Fokus.
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